Sabina Lang (Bern/CH, *1972) und Daniel Baumann (San Francisco/USA, *1967) arbeiten seit 1990 unter dem Namen Lang/Baumann (oder L/B) zusammen. Ihre künstlerischen Strategien entnehmen sie verschiedenen Bereichen und lassen sich dabei oft von Ästhetiken der Vergangenheit anregen. Ihre Werke erneuern unsere Beziehung zu einer bestimmten Architektur, die wir auf diese Weise aus bisher unbekannten Perspektiven betrachten können.
Lang/Baumann. Beautiful Tube #7, 2024 Holz, Lasur, Glas 10 x 2,9 x 2,3 m © Lang/Baumann. Walliser Kantonsmuseen. Foto: Olivier Lovey |
Anders als bei früheren Projekten von Lang/Baumann, konzipierten sie für die 1779 erbaute Ancienne Chancellerie nicht eine zusamenhängende Intervention, sondern entwarfen drei verschiedene Installationen, die jeweils ein ganzes Stockwerk einnehmen. Dabei gehen sie auf die spezifischen Raumsituationen in jeder Etage ein, ohne dabei die historischen Mauern des frisch renovierten Gebäudes zu berühren. Mithilfe verschiedener Materialien und Formen, mit Transparenz und kräftigen Farben sowie durch Ausloten und Überschreiten der Raumgrenzen bespielen sie die drei Stockwerke auf unterschiedlichste Weise.
Im Erdgeschoss bilden drei transparente Zylinder einen Rauminhalt und spiegeln zugleich die Umgebung, was unsere Wahrnehmung des Raums verändert (Comfort #22, 2024); im 1. Stock unterteilen farbige, schiefe Module die Räume und lassen einen dynamischen Rundgang entstehen (Module #9, 2024); im obersten Stock wird das Publikum schliesslich aufgefordert, sich über zwei Treppenläufe und durch einen engen Gang zu einem Ausblick auf die Landschaft zu begeben, in einen Raum ausserhalb des Gebäudes, der auch von der Strasse aus sichtbar ist und die Fassade verändert (Beautiful Tube #7, 2024).
Lang/Baumann verwenden einfachste formale Mittel, die jedoch äusserst wirksam sind: Jede dieser Interventionen definiert die Volumen neu und spielt mit unserer Wahrnehmung und unserer physischen Raumerfahrung.
Lang/Baumann.Module #9, 2024. Bemaltes Holz © Lang/Baumann.Walliser Kantonsmuseen. Foto: Olivier Lovey |
Lang/Baumann interessieren sich für die Geschichte der Formen und für deren Verwendung im realen Raum, indem sie einerseits nach den ästhetischen Erscheinungen in unserem Alltag, andererseits nach der auf den sozialen Raum erweiterten Präsenz der Kunstwerke fragen. Sie eignen sich die Codes visueller Kulturen aus verschiedenen Bereichen und Epochen an, um dauerhafte oder temporäre Installationen zu schaffen, die mehrheitlich eigens für einen Lebensort oder den öffentlichen Raum konzipiert sind und deren oft unpassende Gegenwart Rätsel aufwirft: Womit haben wir es zu tun? Handelt es sich tatsächlich um Kunst? Design? Architektur? Skulpturen? Alles auf einmal? Was bewirkt das in mir? Ist das schön?
Lang/Baumann, die mit ihren Werken Bewunderung wie Widerstand und Überraschung wie Neugier hervorrufen, sind nicht bestrebt, Objekte (zum Beispiel die Treppe oder den Gang) zweckzuentfremden, und dies umso weniger, als ihre Werke oft begehbar sind; vielmehr geht es ihnen darum, sie als eigenständige Formen zu betrachten und in Kontexte zu versetzen, die es ermöglichen, sie anders zu verstehen, ihre Ambivalenz zu betonen, ihren geometrischen und ästhetischen Charakter hervorzuheben, eine neue Vorstellungswelt zu erschliessen und uns anzusprechen.
Lang/Baumann.Module #9, 2024. Bemaltes Holz © Lang/Baumann. Walliser Kantonsmuseen. Foto: Olivier Lovey |
Lang/Baumann suchen eine Begegnung zu provozieren. Wie sie erklären, nutzen sie das Thema der Funktionalität als Strategie, um mit den Betrachtenden eine andere Art Dialog in Gang zu setzen: «Die Verwendung von Elementen, die dem Publikum offenbar grundsätzlich vertraut und bekannt erscheinen und einen Bezug zum menschlichen Körper haben, ist unseres Erachtens interessant, nicht zuletzt, um sie rascher integrieren zu können.»
Indem Lang/Baumann gewöhnlich nicht White Cubes, diese für die Betrachtung von Kunst bestimmten neutralen Räume, sondern andere Orte bespielen und Installationen schaffen, an denen die Betrachtenden aktiv beteiligt sind, intervenieren sie mittels dem, was sie als «Strategien» bezeichnen (die Arbeit mit grossformatigen Malereien auf dem Boden oder an der Wand, die Arbeit mit einzeln stehenden oder nebeneinander angeordneten Skulpturen, die Arbeit mit funktionalen Orten usw.) und entwickeln Werke in Serien, die sich je nach neuen Schaffenskontexten ständig weiterentwickeln.
Für die Ausstellung in Sitten entwarfen sie drei Installationen, welche die architektonischen Gegebenheiten des Gebäudes nutzen. Es geht darum, nicht gegen, sondern mit etwas zu arbeiten. Ohne auf Rivalität zu setzen, will der begonnene Dialog die Orte nicht verschönern oder perfektionieren, sondern Spannungen, Denkanstösse, Staunen und Momente der Verwirrung erzeugen.
Lang/Baumann. Beautiful Tube #7, 2024 Holz, Lasur, Glas 10 x 2,9 x 2,3 m © Lang/Baumann. Foto: Lang/Baumann |
Publikation
Anlässlich der Ausstellung erscheint eine Publikation. In Form eines kleinen, von touristischen Objekten inspirierten Leporellos präsentiert das Buch Bilder der seit 2016 von Lang/Baumann realisierten Installationen und der für das Kunstmuseum Wallis in der Ancienne Chancellerie geschaffenen Werke.
Edition Kunstmuseum Wallis, Sitten, 72 S. et Farbabb.
Einige Veranstaltungen
- Donnerstag, 17. Oktober 2024, und 6. Februar 2025, 18–19 Uhr: geführter Besuch der Ausstellungen Lang/Baumann und Raphael Stucky. Troposonic mit Laurence Schmidlin und Maelle Tappy, Kuratorinnen der Ausstellungen.
Die Führung ist im Eintritt inbegriffen.
- Samstag, 1. Februar 2025, 11.30–12.30 Uhr
Diskussion zwischen Lang/Baumann und Jean-Paul Felley, Direktor der Schule für Design und Kunsthochschule Wallis EDHEA, HES-SO Valais-Wallis.
Im Eintritt inbegriffen
- Samstag, 22. März 2025, 11–15 Uhr:
Besuch der Werkstatt von Lang/Baumann in Burgdorf mit anschliessendem Aperitif. Die Teilnahme ist kostenlos, die Reisekosten müssen selbst getragen werden. Für Anmeldungen (max. 2 Plätze/Pers.) senden Sie bitte eine Nachricht an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! mit Ihren vollständigen Kontaktdaten und dem Namen des/der Teilnehmer(s). Wir werden uns ca. zwei Wochen vor der Veranstaltung bei Ihnen melden, um Ihnen den genauen Treffpunkt mitzuteilen. Der Transport nach Burgdorf wird von den Teilnehmern selber organisiert. Es gibt keine Parkplätze beim Atelier, jedoch ist es mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuss vom Bahnhof aus erreichbar. Die Teilnehmerzahl ist limitiert.
Praktische Informationen
Ancienne Chancellerie
Rue des Châteaux 22 — Sitten
Di-So : 11-17 Uhr (Von Juni bis September bis 18.00 Uhr)
Kuratorium : Laurence Schmidlin, Direktorin des Kunstmuseums Wallis
Vernissage der Austellungen Lang/Baumann et des Manor-Kulturpreises 2024 Wallis: Freitag 20. September 2024 (18 Uhr), gefolgt von einem festlichen Tag am 21. September.
Für die Medien
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