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Manor Kunstpreis 2023 Wallis: Aurélie Strumans "Sous la surface"

Vom 06. Mai 2023 bis 20. August 2023

Das Kunstmuseum präsentiert «Aurélie Strumans. Sous la surface», aus Anlass der Verleihung des Manor Kunstpreises 2023 an die Künstlerin von Sitten. Aurélie Strumans stellt das Geheimnisvolle der Berglandschaft, die von zahlreichen Stollen durchquert wird und dem Publikum unzugängliche Orte verbirgt, dem menschlichen Körper gegenüber, dieser materiellen Hülle, welche die verschiedensten Gänge und ein zuweilen unbekanntes unterirdisches Leben birgt. Aus diesem Anlass präsentiert die Künstlerin neue Arbeiten, welche, ausgehend von ihren  persönlichen Erfahrungen, ihre Reflexionen zu den Beziehungen zwischen den Menschen und ihrer Umwelt weiterführen.

Mit dieser Ausstellung bietet die Sittener Künstlerin eine Reise ins Innere des Körpers und der Erde. Die Nähe zwischen diesen beiden ebenso vertrauten wie geheimnisvollen Gebieten ist aufgrund einer persönlichen Reflexion der Künstlerin über Mutterschaft und Krankheit entstanden, die sie ab 2020 dazu geführt hat, ihr Forschungsgebiet zu erweitern. Sie fordert das Publikum auf, sich unter die Oberfläche der Erde wie unter die Haut zu begeben und befasst sich mit Themen der gesamten Spannweite von der Anfälligkeit des Körpers gegenüber Konfrontationen, aus der Sicht der Patientin, bis zum Spitalwesen als Bereich, in dem mehrheitlich männliche Personen tätig sind. Sie stellt die Aneignung der Erde durch den Menschen jener des menschlichen Körpers durch das medizinische Personal gegenüber und stellt dabei fest, dass beide zuweilen bloss Orte zu sein scheinen, die es zu erobern gilt. Der Gender-Blickwinkel ist im Vorgehen von Aurélie Strumans vorherrschend, die damit ihre Beziehung zur Gesellschaft in einer politischen Perspektive neu interpretiert.

 

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Aurélie Strumans. Théâtre (Dans le ventre de la Terre, dans le ventre de la mère), 2023 Enseigne lumineuse, porte en inox avec hublot carré, barre télescopique en inox, rideau, spot LED et alimentation électrique ©Aurélie Strumans. Photo : Musées cantonaux du Valais, Sion. Olivier Lovey.

Die persönliche Erfahrung als Inspirationsquelle

Eine erste Intervention auf dem Place de la Majorie, vor dem Kunstmuseum Wallis, ziert den Hügel, der einst ein Militärspital beherbergte. Eine Tür und darüber das Leuchtschild «Operation Theater» (Englisch für Operationssaal) erinnern ans Theater sowie an das menschliche Leben als Theatervorstellung. Ein Schauglas fordert uns auf, einen Blick ins Innere zu werfen, aber unsere Neugierde wird gleich gebremst: Ein Bühnenvorhang ist gezogen, die Operation ist bereits im Gange. Mehrere Werke, die sich auf die Welt des Spitals beziehen – direkt von den persönlichen Erfahrungen der Künstlerin beeinflusst – sind im vierten Stock des Viztumsschlosses ausgestellt. Eine Reihe von Spitalhemden, fleischfarben, hinten offen, sind Ausdruck der Anfälligkeit des Körpers, dessen man enteignet wird, sobald man zum Patienten wird. Texte der  Künstlerin drücken aus, wie schwierig es ist, sich den Ärzten auszuliefern, die unseren Körper monopolisieren, um ihn zu heilen. Auf einem grossen Operationstisch läuft das Video Rencontre avec l’obscurité (2022): eine Drohne filmt die Landschaft mitsamt Höhlen, Tunnels und geheimen Räumen. Schliesslich scheint ein Tiefkühler, der mehrere Glasfläschchen mit Muttermilch enthält, die kostbare Nahrung in Selbstbedienung anzubieten, die Gegenstand politischer, symbolischer, wirtschaftlicher Ambitionen ist und die Frauen und ihren Körper einmal mehr versachlicht.

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 Aurélie Strumans. Chair Docteurs, 2023, 9 robes en organza de soie avec broderies en fil de coton, cintres en velours et barre en inox © Aurélie Strumans. Photo : Musées cantonaux du Valais, Sion.

Durch die Gegenüberstellung des Körpers und der Landschaft teilt Aurélie Strumans mit dem Publikum eine heikle und starke, intime und universelle Fragestellung. Die Ausstellung Aurélie Strumans. Sous la surface ist im Kunstmuseum Wallis von 6. Mai bis 20. August 2023 zu sehen. Begleitend zur Ausstellung ist ein gleichnamiger Katalog unter der Leitung von Laurence Schmidlin, Direktorin des Kunstmuseums und Kuratorin der Ausstellung, erschienen.

Rund um die Ausstellung

  • Vernissage
    Samstag 6. Mai, 11 Uhr


  • Schlösser und Museen in Festlaune
    Sonntag 14. Mai 2023, 10-17 Uhr
    Kostenlos und für jedes Publikum auf den Hügeln von Sitten
    Info und Programm hier

  • Bin im Museum... total kreativ.
    Dienstag 16. Mai 2023, 17-18.30 Uhr
    Zeichnen im Museum
    Info über bin im Museum...

  • Diskussion zwischen Aurélie Strumans und Valérie Félix,
    Samstag 3. Juni 2023, 16-17 Uhr. Freier Eintritt (F)
    Kunsthistorikerin, selbstständige Forscherin und Verantwortliche des Studiengangs Bildende Kunst an der EDHEA – Schule für Gestaltung und Hochschule für Kunst Wallis, HES-SO

  • Bin im Museum... krass kunterbunt
    Juni 4. 2023, 11-16 Uhr
    Freier Eintritt
    Info über bin im Museum...

  • Führung durch die Ausstellung (F)
    Mit Laurence Schmidlin, Direktorin des Kunstmuseums Wallis und Kuratorin der Ausstellung
    Donnerstag 29. Juni 2023, 17-17.45 Uhr

  • Bin im Museum… das gönn ich mir
    Mittwoch 9. August 2023, 12.15-13 Uhr
    Leckerbissenführung
    Info über bin im Museum...

AUSZÜGE AUS DER PUBLIKATION

«20. September 2022, ich sitze in der vorderen Reihe eines Vans, zwischen dem Fahrer und einem Kameramann, den ich angeheuert habe, um mir beim Filmen eines Videos zu helfen. Wir fahren jetzt gerade in einen 14 Kilometer langen Tunnel, um zum Hauptraum einer Kraftwerksanlage zu gelangen, die erst vor zwei Wochen eröffnet wurde. Unser Fahrer, einer der Leiter der Anlage, gab mir und dem Kameramann ein Schildchen mit einem Chip. Sollte irgendetwas passieren, während wir uns 600 Meter unter der Erde befinden, konnten wir damit geortet werden. Also tragen wir es mit Freude ständig um den Hals. Die schwere Metalltüre schliesst sich langsam hinter uns. Zuversichtlich und sehr aufgeregt angesichts dieser Fahrt in die Tiefen der Erde, sehe ich mich selbst am Eingang dieses langen, dunklen Tunnels, zwischen zwei Menschen sitzend, die ich erst vor einer Stunde kennengelernt habe. Ein Gedanke kommt mir in den Sinn: Bevor man in Vollnarkose fällt, bittet der Anästhesist den Patienten stets, an seinen letzten Urlaub zu denken – tatsächlich haben positive Gedanken positive Auswirkungen auf den Schlaf, selbst auf den künstlichen Schlaf – eine Situation, in der ich mich erst drei Wochen vor diesem Tag befunden habe. Mit anderen Worten: auf einem Operationstisch, im Vorbereitungsraum, kurz bevor es in den Operationssaal ging. Der Eingriff, der da während meines künstlichen Schlafes oder des Traumes von meinem letzten Urlaub stattfand, war eine Biopsie meiner Lungen. Die Chirurgen führten einen künstlichen Kollaps (in meinem Fall) eines Lungenflügels herbei, um ein Stuck oder mehr davon zu entnehmen. Nach dieser Prozedur braucht es Wochen, um sich zu erholen und wieder normal atmen zu können.» 

Aurélie Strumans «How’s the water?»

«Die Arbeiten von Aurélie Strumans integrieren künstliche Elemente, um an unserer Verbindung zum Lebendigen zu rühren, um diese zu erkunden und ihr möglichst nahezukommen: fotografische Reproduktionen von Landschaften, aufgenommen von einem Satelliten aus, auf denen Sand gleitet respektive rieselt in der Performance Landslide (2018), oder auch Ergründungen von und/oder Begegnungen mit alpinen menschlichen Bauten, ausgehend vom visuellen und räumlichen Prisma einer Drohne im Video Rencontre avec l’obscurité (2022). Einen Dialog fuhren mit dem Künstlichen, um eine Verbindung zum Lebendigen zu schaffen. Eine destabilisierende Dualität, die dazu führt, das Künstliche nicht zu verherrlichen, sondern zu hinterfragen, Überlegungen zu den Verbindungen, die wir mit ihm eingehen, zu unserer Abhängigkeit anzustellen, aber auch darin seine Verschmelzung mit dem Lebendigen und die Art und Weise zu sehen, wie diese Hybridität zu einem neuen Denkraum, einem neuen Ganzen, einem neuen Körper – in seiner Gesamtheit – werden kann.»

 

Valérie Félix, «Wessen Körper, welcher Körper, Körper»

 

publication

  Laurence Schmidlin (Hrsg.),
  Aurélie Strumans. Sous la surface
  Mit einem Essay von Valérie Félix und einem Gespräch zwischen Isaline Pfefferlé und der Künstlerin,
  Sitten, Kunstmuseum Wallis / Zürich, edition fink, 2023
  Zwei Hefte und Plakate in einer Plastikhülle, F/D/E

  Online bestellen

 

 

 

 

 

Manor Kunstpreis

Der Manor Kunstpries, der im Jahr 2022 sein 40-jähriges Bestehen gefeiert hat, ist eine der wichtigsten Schweizer Auszeichnungen im Bereich der zeitgenössischen Kunst. Der Preis wurde 1982 von den Manor-Warenhäusern ins Leben gerufen zur Förderung von Schweizer Nachwuchstalenten, die beim breiten Publikum noch nicht sehr bekannt sind. Er wird grundsätzlich alle zwei Jahre vergeben, in den zwölf Kantonen, in denen er besteht.

Im Wallis wird der Manor Kunstpreis seit 2007 verliehen, in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Wallis. Die früheren Preisträgerinnen und -träger sind:

  • 2007 Martina Gmür
  • 2010 Joëlle Allet
  • 2013 JocJonJosch
  • 2015 Barbezat/Villetard
  • 2017 Eric Philippoz
  • 2019 Badel/Sarbach
  • 2023 Aurélie Strumans

Jury des Manor Kunstpreis 2023 Wallis : Céline Eidenbenz, alt Direktorin des Kunstmuseums Wallis (bis 2021), Präsidentin Pierre-André Maus, Geschäftsführer der Gebrüder Maus AG und Vertreter des Manor Kunstpreises Chantal Prod’Hom, alt Direktorin des mudac (bis 2022), Lausanne Victoria Mühlig, Konservatorin des Kunstmuseums Pully Delphine Reist, Künstlerin, Genf Michael Sutter, Direktor der Kunsthalle Luzern.

Der Manor Kunstpreis 2024 Wallis wird im Herbst 2023 vergeben.

Praktische Informationen

« Sous la surface »
Das Kunstmuseum Wallis
Place de la Majorie
Von 6. Mai bis 20. August 2023
Di-So : 11h-17 Uhr (18 Uhr von Juni bis September)
Freier Eintritt am 1. Sonntag des Monats

Vernissage : 6 Mai 2023 ab 11 Uhr, Gratiseintritt

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